Gong Fu Cha - die hohe Kunst des Teetrinkens

Die wohl aufwendigste, aber auch kulturvollste Art der Teezubereitung ist die Methode des "Komplizierten Wegs" - des Gong Fu Cha.

Noch heute ist sie in den Südprovinzen Chinas und auf Taiwan sehr populär. Gong Fu Cha selektierte sich aus der höfischen Teekultur der späten Ming- Dynastien. Viele Teemeister verfeinerten die Methoden der Teezubereitung am Kaiserhofe im Laufe der Jahrhunderte bis sich letztlich das Ritual des Gong Fu Cha herausgebildet hatte.

Gong Fu Cha ist eng verbunden mit einer speziellen Teesorte: dem halbvermentierten Oolong ("Schwarzer Drachen").

Um diesem Tee alle Feinheiten und geschmacklichen Nuancierungen zu entlocken, vollzieht man eine sehr aufwendige Prozedur: angefangen bei den speziell für Gong Fu Cha entwickelten Utensilien (Yixing-Keramik, Teebesteck, Teetischchen, Gong Fu- Teeschälchen) bis hin zu den sündhaft teuren Edeltees aus den Geheimen Gärten ist Gong Fu Cha ein äußerst kostspieliges Hobby und zählt in China mit zu den Statussymbolen bürgerlicher Prosperität, wie Reichtum, Kulturverständnis und Traditionsbewußtsein. Je aufwendiger und kunstvoller die einzelnen Bestandteile des Gong Fu-Inventars sind, desto höheres Ansehen genießt der Besitzer in der Gesellschaft.

Yixing- Kännchen von bedeutenden Yixing- Meistern gemacht, erzielen Spitzenpreise auf Auktionen von bis zu 12000 Yuan (ca. 1800 €). Ebenfalls mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden ist die Beschaffung der Instrumentarien für die Gong Fu Cha.

siehe chinesisches Teezubehör: Teetischchen, Teeschälchen und Teebesteck.

Gong Fu Cha bedeutet in erster Linie Freude am Genuß.

Teetrinken als Ereignis mentaler Dimension wird von den Teeliebhabern vor allem als bewährtes Mittel zur Erlangung des seelischen und körperlichen Gleichgewichts angesehen.

Gong Fu Cha dient also zur Entspannung und Rückbesinnung auf Ruhe, Streßfreiheit. Jeder Vorgang beim Gong Fu Cha hat daher auch immer eine geistige Ebene - je auserwählter und erlesender das Ambiente und die Teilnehmer der Zeremonie sind, desto größer ist auch der intellektuelle Genuß. Einen Oolong - Spitzentee aus dem Bergland des Wu Yi Shan in einem profanem Teepott zuzubereiten, verstieße gegen die Philosophie und Ästhetik des Gong Fu Cha.

Eine Gong Fu Cha - Zeremonie beginnt mit dem kunstvollen Aufbau der Utensilien rings um das Teetischchen - die Teilnehmer werden platziert, jedem wird ein Teeschalen - Paar zugeordnet.
Der Teemeister beginnt nun mit der rituellen Waschung und Säuberung der Kännchen und Schälchen; dabei gießt er, die Schälchen mit der Pinzette greifend, das heiße Wasser reihum von einem Schälchen in das darauf folgende. Ebenfalls die Kännchen werden so heiß ausgespült. Nun wird der Tee aus dem Teebehältnis auf einen Bogen Pergamentpapier geschüttet. Der Teemeister sortiert Verunreinigungen und Stiele aus, so daß nur erstklassige Blätter für den Sud verwendet werden. Das Kännchen wird nun zu ca. 30 % mit Trockenblättern gefüllt, danach wird heißes Wasser aufgefüllt und gleich wieder abgegossen - die Blätter wurden "geweckt". Erneut wird heißes (bei Oolong fast kochendes) Wasser aufgefüllt. Nach ca. 30 bis 45 Sekunden wird der Tee in die hohen Duftbecher abgegossen. Die smaragdgrün bis golden schimmernde, leicht ölig gießende Flüssigkeit, die sich dabei als Tee im Becher manifestiert, hat so ziemlich nichts mehr mit dem zu tun was wir landläufig darunter zu verstehen glauben. Dieses hocharomatische, intensiv duftende und schmeckende Konzentrat entwickelt einen Grad an Geschmacksfülle und Nuancenreichtum wie nur wenige vergleichbare Genußmittel.

Es ist darauf zu achten, daß das Kännchen vollständig entleert wird - verbleibt Sud auf den Blättern, "arbeiten" diese weiter, nach nur kurzer Zeit (wenige Sekunden !) "kippt" der Tee um und wird bitter. Die Teilnehmer der Gong Fu Cha nehmen jetzt ihre Duftbecherchen mit dem kostbaren Inhalt zu sich, gießen den Tee in die flachen Trinkschälchen um... und genießen als erstes den feinen Flavour des Tees, der wie ein Zitat in den hohen Wandungen des Duftbechers noch vorhanden ist. Erst nach ausgiebigen Schnuppern am Duftbecher wendet man sich dem Trinkgenuß zu und schlürft den Tee in kleinen Schlucken.

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Gong Fu Cha ist Genuß für alle Sinne:

Das Auge erfreut sich an der Farbe, das Ohr am Geräusch des Gießens und dem leise vor sich hinkochendem Wasser, die Nase wird durch den intensiven Duft verwöhnt, die Zunge bekommt als krönenden Abschluß das außergewöhnliche Geschmackserlebnis geboten.

Diese Prozedur kann man je nach Qualität und Sorte des Tees bis zu achtmal wiederholen. Farbe und Geschmack des Tees wandeln sich im Lauf der Zeremonie mehrfach. Welcher Aufguß nun der Beste ist, gehört mit in den Rahmen der während der Zeremonie geführten Dispute der Beteiligten. Oft führen die Erörterungen in den Bereich der Philosophie, indem man während des Teetrinkens seine Gedanken frei ausschweifen läßt. Keine Gong Fu Cha ist ohne diese Gespräche vorstellbar - in China hat sie vor allen in den gebildeten Schichten des Bürgertums überlebt... sie hat immer den Touch elitären Zeitvertreibs und bleibt daher auch nur einer kleiner Gruppe interessierter Freaks vorbehalten.

Teemeister Liao vom Zentrum für Teekultur in Anxi

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