Ostfriesentee und weitere norddeutsche Teetrinkgewohnheiten

Typische Landschaft an der NordseeküsteDie norddeutsche Küste war jahrhundertelang kulturell stark von den holländischen Nachbarn geprägt worden. Während in den großen Hafenstädten Hamburg, Lübeck und Bremen sich die englisch orientierten Teetrinkgewohnheiten durchsetzen konnten, waren in den kleineren Küstenstädtchen und auf dem Lande mehr die Sitten und Gebräuche der holländischen Kaufleute das Vorbild für die klassischen Bürgersleute. Insbesondere in den direkt an die Niederlande grenzenden Ländereien, die unter dem Namen Ostfriesland bekannt sind, hat sich eine eigenständige Teekultur herausgebildet. Die in Amsterdam bevorzugten Mischungen aus kräftigen Schwarzteesorten (meist von den Besitzungen in Niederländisch-Indien stammend) bildeten dabei auch die Basis für die in Ostfriesland getrunkenen "Friesentees".

Teegenuß nach Ostfriesenart

Zum Verfeinern des etwas kräftigen, gerbstoffreichen Tees goß man den Sud auf ein großes Stück Kandiszucker (Kluntje genannt) und fügte dann Sahne hinzu, ohne diese aber umzurühren. Nach kurzer Zeit verbanden sich Zucker, Sahne und Tee zu einem malzig-süßen Getränk. Da der Tee aber nur schichtweise seine Durchmischung vollzieht, hatte man de facto drei verschiedene Tees in der Tasse: oben auf der fast reine, kräftige Schwarztee, dann der schon gesüßte Tee und ganz unten lag wie ein verflüssigtes Bonbon der mit Sahne und Kandis durchsetzte Tee. Diese Art Tee zu genießen ist bis heute in Ostfriesland und den norddeutschen Küstenregionen anzutreffen. Allerdings sind die Basisteemischungen jetzt deutlich leichter und gerbstoffärmer geworden - den unter heftiger Tropensonne gereiften Sorten aus Indonesien (vor allem aus Sumatra) werden Hochlandsorten aus Sri Lanka, afrikanische Hochlandtees und neuerdings auch indische Sorten (vor allem aus Assam) beigemengt. Die Handelshäuser in Ostfriesland, die sich dank des großen Teedursts der Norddeutschen entwickeln konnten, sind bis heute in Deutschland führende Teehandelsfirmen.

 

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