Der Teemeister Lo Yu - Ahnherr der chinesischen Teekultur

Im China der Tang- Dynastie (ca. 2. Jahrhundert u. Z.) wurde ein Buch am Hofe des Kaisers verbreitet, welches in kürzester Zeit eine unerwartet große Popularität erlangte: der Name des Buches - Cha King (zu deutsch: das Buch vom Tee).

In ihm wurde erstmals eine vollständige Beschreibung der damaligen Teekultur gegeben. Der Verfasser dieser Schrift war der buddhistische Wandermönch Lo Yu. Sein eigentlicher Name war Tsing Ling Zhe (zu deutsch: Mann aus Tsing Ling).

Eine genaue Datierung seines Geburtsjahres ist leider nicht möglich - es gilt aber als wahrscheinlich, daß er schon im frühen Kindesalter in ein Mönchskloster gebracht wurde und dort von buddhistischen Mönchen aufgezogen und gelehrt wurde. Sein Lehrmeister, der Mönch Zek Shin, unterwies ihn in den Grundregeln buddhistischer, konfuzianischer und taoistischer Philosophie. Im Kloster trank Lo Yu wahrscheinlich auch das erste Mal Tee - Teetrinken und der Teeanbau waren damals etwas ausgesprochen Elitäres und nur auf die abgeschlossenen Welten des Kaiserhofs und der Klöster beschränkt.

Mit 18 Jahren verließ Lo Yu das Kloster und ging, wie damals allgemein üblich, auf Wanderschaft. Im China der Tang- Dynastien waren Millionen von sogenannten Wandermönchen oder auch Bettelmönchen unterwegs und bildeten so ein frühes System der Kulturvermittlung und Kommunikation. Auch Lo Yu gehörte dieser heimatlosen Schicht an und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Schauspieler und Rezitator. Es gilt als wahrscheinlich, daß er sich einem Wanderzirkus angeschlossen hatte und mit diesem ganz Südchina bereiste. In dieser Phase des Herumreisens lernte er in den verschiedenen Regionen des Reichs der Mitte die unzähligen Teekulturen kennen und erlernte die verschiedenen Zubereitungsmethoden des Tees in ihren jeweiligen Heimatregionen.

Als alter Mann zog sich Lo Yu von seinem unsteten Wanderleben zurück in eine abgeschiedene Bergregion namens Sin Kuai. Hier widmete er sich voll und ganz dem Studium und dem Genuß des Tees. Sein auf den Reisen gesammeltes Wissen und die Erfahrungen des Wanderdaseins verbreitete er kunstvoll in einem Buch, dem Cha King. Es ist anzunehmen, daß der uns heute vorliegende Text im Laufe der Jahrhunderte mehrfach überarbeitet wurde, dennoch gilt das Buch als originäres Kunstwerk des Lo Yu, da eine Vielzahl von Fakten und Wissen hierin verarbeitet wurden, die nur damals so erlebt und niedergeschrieben werden konnten.

In der Folgezeit rankten sich um die historische Persönlichkeit des Teemeisters Lo Yu viele Anekdoten und Episoden, deren Wahrheitsgehalt einer genaueren Prüfung nicht standhalten. Sie drücken die Hochachtung der nachfolgenden Generationen vor der geistigen Leistung dieses Mannes aus, dessen Werk bis heute noch zu den Grundpfeilern chinesischen Kulturguts zählt und in vielen chinesischen Familien zur Hauslektüre gehört. In vielen Regionen Südchinas wird er einem Gott ähnlich verehrt - ihm sind zahlreiche Verse gewidmet und heutige Teemeister berufen sich in ihren Disputen auf Lo Yu bzw. vergeben den "Ehrennamen" Lo Yu an besonders um die Teekultur sich verdient gemachte Teemeister  

Der Teemeister Lo Yu

Der Teemeister Lo Yu
Chinesische Tuschzeichnung

Die Beste Sorte Teeblätter
muß Falten zeigen wie die Lederstiefel der tartarischen Reiter,
sich zusammenrollen wie die Wamme eines gewaltigen Stiers,
sich entfalten wie Nebel, die einer Schlucht entsteigen,
leuchten wie ein von Zephyr-Hauch berührter See
und feucht und weich sein wie feine,
eben erst von Regen benetzte Erde

Lo Yu

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