China und seine tausendjährige Teekultur

Die wohl umfassendste und tiefgreifendste Beschäftigung mit diesem aromatischen Getränk wird vollkommen zu Recht den Chinesen zugeschrieben. Tee wird in China schon seit 2500 Jahren kultiviert und getrunken. Der Teestrauch ist daher eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Innerhalb dieses gewaltigen Zeitraums entwickelten die Chinesen ein besonderes Verhältnis zum Tee, das weit über den trivialen Rahmen des einfachen Teetrinkens hinausgeht.
Der Teegenuß wird im Reich der Mitte in einem philosophisch- kulturprägenden Kontext eingeordnet - über den Umgang mit Tee sind wesentliche Teile des chinesischen Selbstwertgefühls, der verfeinerten Kultur und auch des geistigen Lebens entwickelt und ausgeprägt worden.

Ein kurzer chronologischer Überblick zur Entwicklung der Teekultur in China

Der Tee der frühen Dynastien - Pulvertee

Der Tee der Sung-Dynastie - Geschäumter Tee

Die Entdeckung des Duftes - Teeverfeinerungen in der Übergangszeit

Der Tee der Ming - Dynastie der Klassische Tee

Die Ausbreitung der Teekultur in China

Zur Entstehung und Entwicklung des Handels mit chinesischen Tees über Hongkong

Tee wurde erstmals in den Aufzeichnungen des legendären Teemeisters Lo Yu - dem berühmten Exkurs über die hohe Kunst der Teezubereitung CHA KING - erwähnt. Das genaue Entstehungsjahr dieses Buches ist, wie das Leben Lo Yus selbst, nicht genau nachvollziehbar. Man nimmt inzwischen an, daß es im 6. Jahrhundert u. Z. verfaßt wurde....
Doch bereits Jahrhunderte vor Lo Yus populär gewordenem Traktat taucht Tee bereits in den Steuerlisten der Zhou-Kaiser auf. Teegenuß war damals ein rein elitäres Vergnügen, begrenzt auf den Kaiserhof und die höhere Beamtenschaft des Kaiserreichs. Das Geheimnis seiner Zubereitung wurde erst durch Lo Yu gelüftet...

Der Tee der frühen Dynastien - Pulvertee

Der sogenannte Pulvertee wurde den Aufzeichnungen des Lo Yu gemäß wie folgt zubereitet (freie Übernahme aus dem CHA KING): ....Wenn das Wasser beginnt, Bläschen zu bilden, die so groß wie das Auge eines Fisches sind...und die Luft vom Kochen des Wassers mit einem feinen Ton erfüllt ist...hat das Wasser seinen "ersten Grad" erreicht. Jetzt fügt man eine Prise Salz hinzu. Mit einer irdenen Schöpfkelle wird nun ein Teil des Wassers abgeschöpft. Das inzwischen sprudelnde Wasser wird mit einem Paar Bambusstäbchen beruhigt. Dem "beruhigten" Wasser wird nun das Teepulver (i.e. zermahlener Grüntee) beigefügt - und zwar genau soviel, bis das die Wasseroberfläche mit einer feinen Schicht des grünen Pulvers bedeckt ist...erst jetzt wird das zuvor abgeschöpfte Wasser wieder hinzugegeben um die Wassertemperatur weiter abzusenken. Der Tee ist fertig...er wird in irdenen (Keramik) Schalen kredenzt und in kleinen Schlucken so heiß wie möglich genossen.

Diese Methode der Teezubereitung war vor allem während der Tang-Dynastien populär. Entlang der Seidenstraße wurde diese Teekultur verbreitet. Noch heute sind bei entlegenen Bergvölkern Zentralchinas und Ost-Turkestans diese Pulvertees gebräuchlich. In abgewandelter Form existiert diese Methode ebenfalls noch bei den Nomadenvölkern Tibets und der Mongolei, die sogenannte "Teesuppen" nach uraltem Rezept kochen.

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Der Tee der Sung- Dynastie - Geschäumter Tee

In der Sung- Dynastie wurde der Teegenuß verfeinert durch das Aufschäumen des Tees. Der Geschmack des Suds wurde intensiviert durch das Schlagen mit einem speziell hierfür entwickelten Tee-Besen aus Bambus. Für den Geschäumten Tee wurden traditionell nur schwarzglasierte Teeschalen benutzt - eine rein ästhetische Frage - sah doch der Geschäumte Tee wie verflüssigte Jade aus. Der Schaum entwickelte auf dem schwarzen Untergrund ein intensives Grün. Um den gewünschten Effekt zu erzielen, wärmte man die Teeschalen vor. Das Teepulver verband sich so auch schneller mit dem Wasser. Ca. 4g Teepulver werden benötigt, um eine geschlossene Schaumdecke zu erzeugen. Zuerst wird nur ein wenig Wasser (siedend !) auf das Pulver gegossen. Mit dem Bambusbesen rührt man das Ganze zu einer Paste - jetzt wird wiederum Wasser hinzugegeben, diesmal allerdings nur heiß, nicht kochend.

Nun beginnt man mit dem eigentlichen Schlagen des Tees. Mit schnellen, kurzen Drehbewegungen läßt man den Bambusbesen in der Schale kreisen, langsam setzen sich am Rande der Schale erste Schaumbläschen ab...Mit dem Aufschäumen wird erst aufgehört, wenn die Oberfläche mit Schaum vollständig bedeckt ist. Am Hofe der Sung-Kaiser wurden Tee-Wettbewerbe veranstaltet, wobei derjenige Teemeister gewann, dessen Tee am längsten den Schaum behielt. Disqualifiziert wurden dabei diejenigen Teilnehmer, die Wasser oder Schaumflocken verspritzten - der Schalenrand mußte trocken bleiben.

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Die Entdeckung des Dufts - Teeverfeinerungen in der Übergangszeit

Zum Ende der Sung-Dynastie wurde Tee nicht mehr nur am Kaiserhofe getrunken. Über die inzwischen herangewachsene Schicht wohlhabender Kaufleute, Beamte und kleinerer Duodez-Fürsten (der sogenannten Mandarine) kam Tee mehr auch ins normale Volk. Tee wurde Handelsware. Doch nicht jeder konnte die teilweise sündhaft teuren Tees kaufen. Findige Teeliebhaber veredelten minderwertige Tees durch Hinzufügen wohlriechender Essenzen und Blüten - so entstanden die ersten Aromatisierungen, wie z. B. der populäre Jasmintee, der schwere Rosenblütentee, der süßlich-liebliche Kwaiflower- Tee und viele andere Mischungen. Speziell im Norden Chinas, wo sich inzwischen mit der Yüan-Dynastie (Mongolen-Khanat) erstmals Nichtchinesen als "Himmelssöhne" huldigen ließen, wurden diese Mischtees populär. Bis heute wird Jasmintee bei den Mandschu (Nordchinesen) jedem anderen Tee vorgezogen.

Übrigens hat wahrscheinlich Marco Polo bei seiner berühmten Reise ins sagenhafte Reich Cathey (alter Name für China) nur deshalb keinen Tee kennengelernt, weil die Mongolen-Herrscher stark vergorenen Reiswein jedem anderen Getränk bevorzugten und diese Vorliebe auch ihren Gästen zumuteten...Glücklicherweise hatte die Yüan-Dynastie bereits nach 96 Jahren abgewirtschaftet - mangels genügend treuer Vassallen konnten sich die "barbarischen" Mongolen nicht lange auf dem Thron halten. Die Ming-Kaiser beendeten das unerquickliche Intermezzo. Chinas Klassische Periode begann.

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Der Tee der Ming- Dynastie - der Klassische Tee

In der Ming- Periode wurden erstmals ganze Teeblätter verwendet - der Tee wurde nicht mehr zu Pulver zermahlen und gepreßt. Neue Aufbewahrungsbehältnisse, die luftdicht abgeschlossen werden konnten, gestatteten es jetzt den Teemeistern, ihre Tees über einen längeren Zeitraum hinweg lagern zu können ohne daß relevante Qualitätseinbußen zu befürchten waren. Vor allem die rasche Entwicklung der Porzellan- und Keramikmanufakturen ermöglichten es, entsprechende Behältnisse für einen sicheren Tranzport und eine gute Lagerung der empfindlichen Teeblättchen bereitzustellen. Auch das klassische Teekännchen ist eine Erfindung dieser Zeit...jetzt konnte man den Tee vollkommen neu für sich entdecken.

Die Art und Weise der Teezubereitung änderte sich dadurch ebenfalls grundlegend. Das Ritual aus der Ming- Zeit ist uns dennoch sehr vertraut - auch bei uns in Europa wird der Tee (natürlich regional variierend) nach dieser klassischen Methode zubereitet. Zwei Teekännchen (eins aus Porzellan, eins aus Keramik), eine Wasserschüssel und für jeden Teetrinker ein Porzellanschälchen werden vor dem Zubereiten des Tees angewärmt, indem man heißes Wasser über alle Utensilien gießt. In das nun vorgewärmte und angefeuchtete Keramikkännchen werden nun die Teeblätter gefüllt. Aus dem Porzellankännchen wird nun heißes Wasser (ca. 80° C) aufgegossen. Das Wasser wird unmittelbar nach dem Aufgießen wieder abgegossen - es gilt nur, die Teeblätter zu "wecken". Nun wird der eigentliche Sud zubereitet. Wiederum gießt man heißes Wasser über die vorgequollenen Blätter, läßt den Sud ca. ein bis zwei Minuten ziehen und gießt dann in die inzwischen leere Porzellankanne ab. Diese Prozedur kann man (je nach Qualität und Sorte) 3 bis 6 mal mit denselben Teeblättern wiederholen.  

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